Eve Rodsky, author of Fair Play, is pictured in black and white sitting and leaning on a table as she smiles at the camera.Eve Rodsky Interview über Fair Play – Wie teilt man sich gerecht auf?

Wie schafft man es, sich die Hausarbeit wirklich gerecht aufzuteilen? Eve Rodsky beschäftigt sich mit dieser Frage schon eine ganze Weile und hat darüber sogar ein Buch geschrieben. Ihr New York Times Bestseller „Fair Play“ oder auf deutsch „Auch Männer können bügeln“ liefert die Antwort. In diesem Interview verrät Eve Rodsky was es mit der „Fair Play Method“ auf sich hat und erzählt auch von ihrem persönlichen Weg in die gleichberechtigte Elternschaft.

Wie Eve Rodsky zu Fair Play kam

Ihr Buch und die darin beschriebene „Fair Play Method“ bietet seinen Leser:innen ein System für die Aufteilung von Haus- und Carearbeit. Aber wie kam Eve Rodsky eigentlich dazu anderen Paaren auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung zu helfen?

Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes hatte sie, so sagt sie, einen Zusammenbruch. Sie saß im Auto am Straßenrand von Los Angeles einen Riesen Haufen Mental Load in ihrem Kopf und, wortwörtlich, in ihrem Schoß. Vollbepackt mit Geschenken fürs Baby, die sie umtauschen musste, einen Vertrag für die Kanzlei, die sie gerade gegründet hatte und allerlei Stillutensilien war sie auf dem Weg ihren älteren Sohn von einem teuren Kinderbetreuungsprogramm abzuholen. Da leuchtete eine Nachricht auf ihrem Handy auf:

„Ich bin überrascht, dass du keine Blaubeeren gekauft hast.“

Diese zunächst unscheinbare Nachricht ihres Mannes ließ sie in Tränen ausbrechen. „Ich hätte nie gedacht, dass meine Ehe enden könnte, weil ich die Smoothie-Bedürfnisse meines Mannes nicht erfülle“ belächelt sie die Situation aus heutiger Sicht. 

Dieser Zusammenbruch hat Eve Rodsky zu zwei Erkenntnissen gebracht, die den Anfang für ihre Weg hinzu „Fair Play“ bedeuteten: 

  1. Sie führte nicht die Art von Karriere-Ehe-Kombination, die sie sich gewünscht hätte. 
  2. Sie war zum „Shefault“ (von she + default) für alle Haushaltsaufgaben für ihre Familie geworden.

Fair Play – die Methode für faire Aufteilung

Eve Rodsky hat Anwältin gearbeitet, als Mediatorin und, wie sie es beschreibt, Verhaltensgestalterin. Sie erkannte, dass der Schlüssel zur Lösung des Problems an einer Frage fest zu machen war: 

Was passiert, wenn ich mein Zuhause wie mein wichtigstes Unternehmen behandeln würde? 

Denn zu Hause werden tagtäglich Millionen von Entscheidungen getroffen. Es herrscht Entscheidungsmüdigkeit und fehlt an Struktur. Die zweite Frage, die sie sich daraufhin stelle war: 

Wie kommt der Senf in den Kühlschrank?

Diese Frage deckt die vielen Schritte des Projektmanagements auf, die zu allen Haushalts- und Carearbeitsaufgaben dazu gehören. Denn viele Paare erzählen ihr, dass sie doch gleichberechtigt leben würden. Bis sich dann rausstellt, dass die Frau bemerkt, dass der Sohn diesen einen, speziellen Senf mag und keinen anderen isst. Dass sie es ist, die überprüft, ob nicht genug Senf da ist und, ob er schlecht geworden ist. Sie bemüht sich darum zu erfahren wer was essen möchte in der Familie (sie kümmert sich also um die Erfassung und Planung) und ist verständlicherweise enttäuscht, wenn ihr Mann dann den falschen Senf mit nach Hause bringt, wenn seine einzige Aufgabe das reine Ausführen der Aufgabe war.

Und natürlich ist das eigentliche Problem nicht der Senf, sondern es geht viel mehr um Verantwortung und Vertrauen, so Eve Rodsky im Interview. Sobald Vertrauen und Verantwortung fehlen, scheitert die Organisation, sowohl in Familien, als auch in Unternehmen.

Zu verstehen, dass zu Aufgaben immer das Erfassen, die Planung UND die Ausführung (auf englisch „CPE“ für „conceptualize, plan and execute“) gehören ist der erste Schritt, wenn auch nicht so leicht, wie es sich vielleicht anhört.

Eve Rodsky’s „Ownership Mindset“

Das „ownership mindset“ (zu deutsch die eigenverantwortliche Einstellung) ist die Grundlage für das Fair Play System und gleichzeitig die „Antithese zur Entscheidungsmüdigkeit und zu der Aussage, dass wir beide alles machen“, so Eve Rodsky im Interview. Für ein Abendessen heißt das konkret: Ich mache heute Abend das Essen. Ich werde das Menü planen. Ich werde die Lebensmittel besorgen oder dafür sorgen, dass sie da sind. Und ich werde es servieren, so dass der/die Partner:in nicht mehr involviert ist.

Dieses Fair Play System hat sie durch Gespräche mit Paaren in 17 verschiedenen Ländern entwickelt und an einer Stichprobe von 250 Paaren immer wieder getestet, erzählt Eve Rodsky im Interview.

Was aber wenn man seinem/seiner Partner:in nicht mit dem kompletten CPE vertrauen kann?

Warum Frauen Grenzen setzen müssen

Das Problem ist, dass so viele gesellschaftliche Erwartungen bezüglich der Hausarbeit und Kinderbetreuung auf Frauen liegen. Die Zeit von Frauen wird nicht wertgeschätzt. Wir sagen Dinge wie „Stillen ist kostenlos“, dabei sind das 1800 Stunden im Jahr – ein Vollzeitjob.

Eve Rodsky will Frauen befreien aus der, wie sie es nennt, CIYOO (complicit in your own opression), der Mitschuld an der eigenen Unterdrückung. Ein paar Dinge sind dafür wichtig zu erkennen: 

  1. Zeit ist nicht Geld. Zeit ist Zeit. Wenn du einen Partner hast, der mehr Geld verdient als du, bedeutet das nicht, dass du es verdienst, die gesamte unbezahlte Arbeit und Kinderbetreuung in eurem Haushalt zu übernehmen.
  2. Frauen sind nicht besser für die Haus- und Carearbeit veranlagt als Männer. Man muss uns noch nicht ein mal darum bitten all die Aufgaben zu übernehmen, da wir davon überzeugt wurden, dass wir sie sowieso besser können. Das ist echt echtes Problem.
  3. Frauen haben genauso viel Freizeit verdient wie Männer. Wenn ein Mann seiner Frau hilft, aber am Ende des Tages trotzdem noch Zeit für Fernsehen und Fitness hat, während sie den Haushalt macht, bis sie müde ins Bett fällt, dann ist das einfach nicht fair. (Eve Rodsky hat zu eben diesem Thema übrigens gerade ein neues Buch rausgebracht. Es heißt „Find your Unicorn Space“  und ist eine Anleitung sich selbst uns seine Interessen wieder- und neuzuentdecken.)

Was aber, wenn Frauen diese Grenzen gesetzt haben und dann feststellen, dass ihr Partner / ihre Partnerin einfach komplett unterschiedliche Vorstellungen davon hat was „sauber“ bedeutet zum Beispiel?

Fair Play braucht Kommunikation

Kommunikation ist ein wirklich schwieriges Thema, denn viele Leute kommen nicht weiter als Diskussionen über herumliegende Socken oder eben vergessene Blaubeeren.

Kommunikation ist die Lösung zur Entschlüsselung des eigentlichen Problems, das eben oft auf unterschiedliche Standard zurück zuführen ist. 

Das Fair Play System ist wie ein Kartenspiel aufgebaut, bei dem jeder der Partner:innen gewisse Karten auf der Hand hält und für diese Aufgaben der Haus- oder Carearbeit dann in vollem Umfang zuständig ist. Eve Rodsky erzählt im Interview von einem persönlichen Schlüsselmoment:

Ihr Mann hielt die Karte „Müll“ und war damit für alles rund um das Thema „Müll“ in ihrem Haushalt zuständig. Sie hatte jedoch immer das Bedürfnis ihn zu kontrollieren. Sie sah die Mülleimer, die zwar entleert wurden, denen aber noch neue Mülltüten fehlten und ärgerte sich. Ihr Mann fühlte sich von ihr kontrolliert und ärgerte sich auch. Was war also schief gelaufen?

Eve Rodsky redet über den Mindeststandard

Bevor man die Karten verteilt, ist es wichtig, dass man die Karten zusammen aussucht, aussortiert, was nicht relevant ist und dann einen Mindeststandard der Sorgfalt (auf englisch „minimum standard of care“) vereinbart. Dieser Vereinbarung geht ein Gespräch bevor, denn es ist wichtig zu wissen warum mein:e Partner:in andere Erwartungen hat als ich.

Eve Rodsky erinnert sich daran, wie sie ihrem Mann daraufhin davon erzählte, warum das Thema Müll sie so triggerte. Sie war in ärmlichen Verhältnissen bei ihrer alleinerziehenden Mutter in einer winzigen Wohnung in New York City aufgewachsen und kümmerte sich viel um ihren autistischen Bruder, welcher abends immer nach einem Glas Wasser fragte. Sie musste also abends im Dunkeln in die Küche und wurde dort jedes Mal von einer Menge an Kakerlaken begrüßt. Müll in ihrem eignen zu Hause zu sehen erinnert sie noch heute an diese Zeit. Ihr Mann war mit einer Haushälterin aufgewachsen und war sich dieser Probleme daher nicht bewusst gewesen. Sie haben dann also einen Kompromiss gefunden, einen Mindeststandard, auf den sie sich einigen konnten. Das war nur möglich durch Kommunikation, denn diese persönlichen Geschichten sind der Schlüssel um das System zu knacken, so Eve Rodsky im Interview.

Fazit zum Interview mit Eve Rodsky

Eve Rodsky hat im Interview in eindrucksvoller Weise aufgezeigt, wie eine faire Aufteilung klappen kann, denn sie spricht aus Erfahrung.

Es kann sogar Spaß machen, sagt sie, denn wenn man sich auch nur 5 Minuten Zeit am Abend nimmt, in denen man zusammen mit den Karten „spielt“ und ins Gespräch kommt statt auf dem Handy rum zu scrollen. Das fördert die Verbundenheit ungemein.

Die von Eve Rodsky im Interview beschriebene Fair Play Methode setzt auf Verantwortung und Vertrauen, aber auch darauf, dass Frauen Grenzen setzen müssen und fördert durch die daraus entstehende Kommunikation nicht nur eine gleichberechtigte Beziehung, sondern trägt damit auch maßgeblich zur allgemeinen Verbundenheit und Liebe in Partnerschaften bei.

Die Original Podcastfolge mit Eve Rodsky findest zu hier und das deutsche Transkript zu Folge kannst du dir hier durchlesen.

Wenn du mehr zum Thema gleichberechtigte Elternschaft wissen möchtest, höre dir gerne auch die anderen Folgen in meinem Podcast „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ an, zum Beispiel mit Patricia Cammerata über Mental Load oder mit Sina Fricke über den „Club der guten Mütter“.